POLITIK

Die Scheinwelt des Eurovision

KRIEG ich endlich mal FRIEDEN?

Wenn am Samstag die 62. Ausgabe des Eurovision Song Contest über die Bühne geht, dann wird das kein normaler Gesangswettbewerb. Der langjährige Grenzkonflikt zwischen Russland und dem Gastgeberland Ukraine macht den diesjährigen ESC zu einer politischen Großveranstaltung von hoher Brisanz. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Siegerlied der ukrainischen Krimtatarin Jamala für Aufregung und politische Spannungen gesorgt. Dieses Jahr folgte die Fortsetzung der ESC-Streitigkeiten: Russlands nominierter Act Julia Samoilowa wurde die Einreise durch die ukrainische Regierung untersagt. Grund sei ein Konzert der Sängerin auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim. So weit, so kompliziert. Obwohl der Wissensstand über den noch heute brennendsten Konflikt auf europäischen Boden größer ist denn je, bleibt das politische Interesse an einer Lösung des Konflikts aktuell erschreckend gering. Ein näherer Blick auf die Konfliktkonstellation im Osten der Ukraine zeigt, wie vielfältig die Interessenlagen der involvierten Mächte sind und welche komplexen Zusammenhänge sich hieraus ergeben.

Von Maidan bis Minsk. Hier geht es zur Chronik der Ukraine-Krise.

Das Referendum über die russische Annektierung der Krim war 2014 der negative Höhepunkt eines eskalierenden Konflikts mit langer Geschichte. Das Gebiet um die Halbinsel Krim ist bereits seit Sowjetzeiten ein völkerrechtlicher Zankapfel. Damals litt die Inselbevölkerung unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges. Die Krim war Teil des sowjetischen Reiches, wurde von Parteiführer Nikita Chruschtschow allerdings aufgrund von Armutszuständen und schlechten Lebensbedingungen mehr als Last denn als Gewinn empfunden. Nach heutiger Überlieferung übergab Chruschtschow der Ukraine die Insel als „Geschenk“ im Rahmen einer Jubiläumsveranstaltung 1954 – zum Unmut seiner Parteigenossen. Noch heute betrachten große Teile der russischen Bevölkerung sowie die aktuelle Staatsführung unter Präsident Putin die Halbinsel mit seinem militär-strategisch wichtigen Zugang zum Schwarzen Meer als „verlorenes Kind“ des ehemaligen, sowjetischen Großreiches.

Komplizierter Beziehungsstatus: Ukraine und die Europäische Union

Ein regelmäßig unterschätzter Akteur dieses international brisanten Konfliktes ist die Europäische Union, die als Wertevertreter des Westens seit Jahren Annäherungsversuche zur Ukraine unternimmt. Bereits 2008 leitete die EU Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ein, das als Grundlage für den Beitritt zur Europäischen Union gilt. Bevor es allerdings zu konkreten Maßnahmen kommen konnte, sorgt ein politischer Eklat für die Stilllegung der Beitrittsverhandlungen durch die Ukraine. Zuvor hatte der damalige Kommissionspräsident der Europäischen Union, Manuel Barrosso, die ukrainische Mitgliedschaft in der Eurasischen Union kritisiert, die als Staatengemeinschaft osteuropäischer Mitgliedsländer unter der Vorherrschaft von Russland geführt wird. Auf russischer Seite sieht man die europäische Annäherung an das ehemalige Mitglied des sowjetischen Ostblocks als Bedrohung eigener Interessen, die EU macht die russische Föderation seit dem Referendum auf der Krim ihrerseits für aggressives Verhalten verantwortlich. Das Beispiel der EU-Verhandlungen zeigt sehr deutlich, wie gespalten das Land sowohl politisch, als auch kulturell ist. Dies betrifft vor allem die seit nun mehr als drei Jahren umkämpften Gebiete im Osten des Landes, in denen eine mehrheitlich russisch-stämmige Bevölkerung lebt. Das Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien ist typisch für die Ukraine und ein maßgeblicher Faktor für die innere Zerrissenheit des Landes. Ein weitestgehend unterschätzter Aspekt des anhaltenden Konflikts ist das Thema Flucht und Vertreibung. Zahlreiche Bürger mussten die Kriegsgebiete verlassen und leben heute als Binnenflüchtlinge im Westen des Landes.

Im Rahmen des trinationalen Filmworkshops „Flüchtlinge – damals und heute“ reisten die Schüler Lea Szukala und Max Bohmer nach Riwne in der Ukraine. Das Ergebnis ihrer eindrücklichen Reise offenbart bewegende Geschichten von Vertriebenen, die sich nach Jahren der Unruhe nur eines wünschen: ein friedliches Leben.

Text: Mark Offermann

Wolhynien – Auf der Suche nach der Wahrheit

Das Projekt das von Glocal Films initiert wurde, wird vom Goethe-Institut in Kooperation mit dem Deutschen Youth For Understanding Komitee e.V. organisiert und durchgeführt. Es wird aus Mitteln des Auswärtigen Amts zum Ausbau der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland gefördert.

Zum Thema „Flüchtlinge – damals und heute“ trifft sich eine Gruppe von 21 Schülerinnen und Schülern aus der Ukraine, Polen und Deutschland in jedem der drei Länder um innerhalb von einer Woche jeweils einen historischen und einen kontemporären Film zum Thema Flucht zu drehen.

Im ersten Workshop in Riwne (Ukraine) stand Georg Genoux vom Theatre of Displaced People aus Kiew als Experte zur Seite.

Mit “KRIEG ich endlich FRIEDEN?” haben die SchülerInnen einen ergreifenden Film über die Fluchterfahrung junger Menschen aus der Ostukraine gemacht. Sie fanden aus erster Hand heraus wie es ist einen Krieg zu erleben, was Flucht mit einem Menschen macht und was helfen kann den Verlust, den Schmerz und die Angst zu verarbeiten.

(Quelle: glocal films)

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