GESELLSCHAFT

Und wenn sie nicht gestorben sind…

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…dann leben sie noch heute. Diesen Satz verbinden sicher viele mit dem Ritual des Vorlesens einer Gute-Nacht-Geschichte. Glücklich können sich jetzt diejenigen von uns schätzen, die während ihrer Kindheit in diesen Genuss gekommen sind, denn mittlerweile ist die positive Wirkung dieses Tradition nachgewiesen. Das Vorlesen fördert nicht nur Fantasie, Kreativität und Empathie, sondern hat auch Auswirkungen auf die späteren Bildungschancen. Studien belegen, dass Kindern, denen vorgelesen wurde, eine positive Einstellung zum Lesen haben, ihnen fällt das Lesenlernen leichter und sie haben später im Durchschnitt bessere Schulnoten als Gleichaltrige, denen nicht vorgelesen wurde.

Aber auch zur Bildung von Erwachsenen wird auf der Welt vorgelesen. So lebt beispielsweise in Kubas Tabakfabriken eine alte Tradition fort. Den Arbeitern werden Shakespeare und andere Literaturklassiker vorgelesen. Mit Lektüre rollt sich die Cohiba besser, finden auch die Zigarrendreher. Im sozialistischen Kuba sind die „lectora de tabaquería“ ein richtiger Beruf. Seit Dezember 2012 ist er sogar als nationales Kulturerbe anerkannt. Alles begann 1865, so ist es überliefert, als ein engagierter Fabrikarbeiter es sich zur Gewohnheit machte, seinen Kollegen während der Arbeit aus einer neuen proletarischen Zeitung vorzulesen. Inzwischen gibt es mehr als 100 „lectores“ auf der Karibikinsel, die aus klassischer Literatur vorlesen. Die Lektüre soll zur Bildung der Arbeiterklasse beitragen. „Es ist ein Mittel, um das kulturelle Niveau der Tabakarbeiter zu verbessern“, heißt es in der kubanischen alternativen Online-Enzyklopädie Ecured. Die Idee scheint zu funktionieren, denn die Arbeiter fühlen sich nicht nur unterhalten, sondern freuen sich über das außergewöhnliche Bildungsangebot.

Vor einigen Jahren haben die Stiftung LESEN, DIE ZEIT und die DB Stiftung einen Aktionstag für das Vorlesen ins Leben gerufen, der seit 2004 jedes Jahr am dritten Freitag im November stattfindet. Der Bundesweite Vorlesetag will ein öffentlichkeitswirksames Zeichen für das Vorlesen setzen und so Freude am Lesen wecken. Die Vorleser an diesem Aktionstag zeigen mit viel Leidenschaft, ehrenamtlich und unentgeltlich, wie schön und wichtig vorlesen ist. Ziel ist es, Begeisterung für das Lesen und Vorlesen zu wecken und Kinder bereits früh mit dem geschriebenen und erzählten Wort in Kontakt zu bringen.

Das Konzept ist einfach: Jeder, der Spaß am Vorlesen hat, liest an diesem oder folgenden Tagen anderen vor – zum Beispiel in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken oder Buchhandlungen. Auch an ungewöhnlichen Vorleseorten finden Aktionen statt: im Riesenrad, im Flugzeug, in einem Tierpark, in Museen oder als Guerilla-Variante auf einer viel befahrenen Kreuzung – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Prominente aus allen Bereichen begeistern auch Menschen, die nicht oft ein Buch in die Hand nehmen.

Auch in Mönchengladbach findet im Rahmen dieses Aktionstages ein Lesefestival statt, an dem hunderte Bücher an verschiedenen Orten von unterschiedlichen Vorlesern in der Stadt vorgelesen werden. Das Lesefestival „MG liest“ geht vom 16. bis 20. November in die zweite Runde. Bei über 200 Veranstaltungen haben Besucher freien Eintritt.

Den 16. November sollte man sich auf jeden Fall merken, denn da wird kein anderer als VfL-Sportdirektor Max Eberl von 9 -10.30 Uhr im Selbstlernzentrum der Gesamtschule Hardt vorlesen.

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Vielleicht haben wir Appetit gemacht auf den Besuch einer Vorlesestunde in unserer Stadt oder einfach auf das Vorlesen vor Freunden oder in der Familie.
Unser Buchtipp zum Thema: Bernhard Schlinks Roman „Der Vorleser“

 

 

 

 

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