Interview mit dem Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach

Herr Reiners, seit 2014 Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach sagt, was die Stadt Mönchengladbach jungen Menschen in der Ausbildungs- und Studienplatzwahl zu bieten hat und was er ihnen rät.

In der Stadt Mönchengladbach gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die Ausbildungsstellen anbieten. Wieviel Ausbildungssuchende stehen dem derzeit gegenüber?

Die Agentur für Arbeit MG meldete zum Stand September 2018 2.372 Bewerber für 1.596 angegebene Ausbildungsstellen. Dabei stellen die gemeldeten Ausbildungsstellen und Bewerber nur einen Teil der Gesamtmenge dar, da nicht jeder Betrieb seine freien Stellen der Agentur für Arbeit Mönchengladbach meldet.
Erfreulich ist nach Angaben der IHK die Entwicklung der Ausbildungszahlen in der Stadt Mönchengladbach. Mit einem Plus von 6 Prozent sind sie deutlich angestiegen. Gerade in den gewerblich-technischen Ausbildungsberufen gab es in den vergangenen Jahren einen deutlichen Zuwachs zu verzeichnen.

Wie viele Ausbildungsstellen sind in diesem Jahr unbesetzt geblieben und woran liegt das?

Es sind im September 156 Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben und es gab 94 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber. Das liegt zum Teil daran, dass nicht jeder Bewerber für die freien Stellen geeignet ist oder sich für diese Berufe interessiert. Und manchmal spielt auch eine zu geringe Mobilität in Bezug auf Anfahrtswege eine Rolle.

Welche Branche und welche Art der Ausbildung hat in letzter Zeit an Attraktivität gewonnen?

Es gibt einen Zuwachs an gewerblich-technischen Ausbildungsberufen. Im Bezirk der Industrie und Handelskammer Niederrhein ist ein Plus von 5,5 Prozent zu verzeichnen. Hier ist der Fachkräftemangel deutlich in den Unternehmen angekommen.
Traditionell starke Branchen sind Maschinen- und Anlagenbau und die breite Palette der Handelsberufe. Neu ist zum Beispiel der Beruf des Kaufmanns E-Commerce. Und sicherlich sind viele Berufe im IT, Medien und Kommunikationsbereich zurzeit sehr beliebt.

Was würden Sie einem Jugendlichen empfehlen, wenn er die Schule verlässt und noch keine Vorstellung davon hat, was er machen möchte?

Meine Empfehlung ist, von den vielfältigen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, sich über die unterschiedlichen Berufe zu informieren und dann dort, wo Interesse geweckt wird, Praktika zu machen. Im praktischen Tun lässt sich am Besten einschätzen, ob eine bestimmte Tätigkeit einem liegt.

Technik, Unternehmen und Berufsbilder ändern sich rasant schnell, wie zeitgemäß ist heute Ihrer Meinung nach die Berufsberatung noch?

Berufsberatung kann kaum Ratschläge für ein gesamtes Berufsleben geben, sondern nur die nähere Zukunft in den Blick nehmen. Dafür aber die richtige Wahl zu treffen, ist wichtig, und dabei kann Berufsberatung gut unterstützen.

Haben Sie während der Schulzeit schon gewusst, was Sie beruflich machen möchten?

Ideen hatte ich schon, aber noch keine konkrete Entscheidung getroffen. So gesehen waren die zwei Jahre bei der Bundeswehr ganz hilfreich, die Ideen reifen zu lassen.

Wie haben Sie sich auf Ihre erste Arbeitsstelle beworben?

Nach dem Lehramtsstudium wollte ich im journalistischen Bereich tätig werden und deshalb ein Volontariat absolvieren. Dafür habe ich mehr als 100 Bewerbungen geschrieben, wovon letztlich auch eine erfolgreich war.

Wieweit entspricht ihre derzeitige Tätigkeit Ihrer persönlichen Vorstellung vom Traumberuf?

In der Heimatstadt Oberbürgermeister zu sein, ist schon die Erfüllung eines beruflichen Traums, wenn man vor der Wahl schon 16 Jahre lang hauptberuflich in der Kommunalpolitik tätig war und gesehen hat, dass man mit Engagement viel bewegen kann. Diese Arbeit an entscheidender Stelle fortführen zu können, ist Traum und Ehre zugleich.

Was vermissen Sie bei jungen Menschen manchmal?

Das lässt sich meines Erachtens nicht pauschal beantworten. Einige junge Leute verfolgen sehr zielstrebig ihre Ziele, andere brauchen für die Orientierung im Leben mehr Zeit. Das darf man meinen Meinung nach nicht in Kategorien wie gut oder schlecht einordnen, weil Menschen nun einmal unterschiedlich sind.

Wie schätzen Sie die beruflichen Perspektiven und Anforderungen junger Menschen heute im Vergleich zu Früher (Ihrer Jugendzeit) ein?

Die Perspektiven sind aus meiner Sicht weder besser noch schlechter, aber anders. Heute gibt es, wenn ich an die Zeit meiner Berufswahl zurückdenke, erheblich mehr Möglichkeiten, was die Auswahl wiederum nicht einfacher macht.

Warum sollten junge Menschen ausgerechnet ein Ausbildungsangebot in Mönchengladbach annehmen?

In Mönchengladbach kann jeder junge Mensch den richtigen Ausbildungsplatz finden. Die Angebotspalette ist breit gefächert. Insgesamt werden in MG 220 Ausbildungsberufe ausgebildet.
Ferner haben wir eine gute Angebotsstruktur zur beruflichen Orientierung und Beratung. MG ist eine interessante Stadt, die einiges zu bieten hat. Die Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft ist bei uns stark ausgeprägt. Es gibt eine Vielzahl engagierter Unternehmen und Unternehmerpersönlichkeiten. Und die Entwicklung unserer Stadt nimmt aktuell noch einmal gehörig Fahrt auf.

Über welche Kanäle bewirbt die Stadt Mönchengladbach freie Ausbildungsstellen und wie informiert sie junge Menschen über Berufs- und Studienwahl?

Die Ausschreibung der Ausbildungsplätze erfolgt über das städtische Karriereportal, die Ausbildungs-Homepage, die Facebook- und Twitter-Seite der Stadt, bei der Agentur für Arbeit, Online-Lehrstellenbörsen der Industrie- und Handelskammer sowie von Krankenkassen und in der Presse über Kleinanzeigen. Die Schulen in Mönchengladbach mit den entsprechenden  Abgangsklassen werden schriftlich informiert. Außerdem wird das Angebot in Absprache mit der Integrationsbeauftragten, dem Integrationsrat, der Arbeitsstelle für interkulturelle Bildung und Integration (ABI) und der Gleichstellungsstelle diesen Institutionen zur Verfügung gestellt, damit die Ausschreibung in den jeweiligen Netzwerken veröffentlicht werden kann.
Die Ausbildungsberufe der Feuerwehr werden zusätzlich auf der feuerwehreigenen Homepage beworben.
Informationsmöglichkeiten über das gesamte Ausbildungsangebot haben junge Menschen im Rahmen von der Veranstaltung CHECK IN, auf den Messen „Beruf konkret“ und VOCATIUM. Die Stadtverwaltung nimmt Einladung zu Informationsveranstaltungen in Schulen wahr und gibt auch durch Besuche von Klassen in der Verwaltung gerne Auskunft über Ausbildungen. Weitere Einblicke sind durch die Berufsfelderkundungstage, den Girls- und Boys-day und auch Praktika möglich. Zusätzlich gibt es jede Menge Informationen auf der Ausbildungs-Homepage, wo auch Flyer heruntergeladen werden können.

Welchen Beruf würden Sie heute ergreifen, wenn Sie jetzt Abitur machen würden?

Der erste Berufswunsch, den ich hatte, hieß Pilot. Leider bin ich beim Eignungstest damals knapp gescheitert. Den Beruf finde ich auch heute noch faszinierend. Sehr interessant finde ich mit der heutigen Erfahrung auch die Berufe des Stadtplaners und des Raumplaners. Ich würde mich aber im Vergleich zu den 70er Jahren heute auch durchaus mit handwerklichen Alternativen für den Berufseinstieg beschäftigen, finde zum Beispiel den Beruf des Tischlers sehr interessant.