Lea Braf aus der Q1 war im Rahmen des Certilingua-Programms an der Gesamtschule Hardt dem Schulalltag in Italien auf der Spur…
Wir Menschen sind es gewohnt, vielleicht ein oder zwei mal pro Jahr in den Urlaub zu gehen. Natürlich macht es Spaß, neue Dinge zu entdecken und das Erlebte in Fotos festzuhalten. Allerdings nehmen Touristen oft nur limitierte Eindrücke auf und befassen sich meist gar nicht so richtig mit dem alltäglichen Leben der Einheimischen, denn klar, der Urlaub soll ja auch ein Erlebnis für sich sein. Doch wird dabei vielleicht auch etwas verpasst, dass es einfach nicht an Touristensammelorten zu finden gibt.
Uns Schülern der Gesamtschule Hardt wurde es durch Erasmus+ ermöglicht, an einem Austausch mit einer Schule in Paderno Dugnano teilzunehmen. Der Austausch ermöglichte uns einen Einblick in die Unterschiede zwischen unseren Kulturen und Schulsystemen. Doch zeigte er uns auch, wie ähnlich wir uns in vielen Dingen auch sind.
4 Tage lang durften unsere Austauschschüler/innen 2023 bei ihrem Besuch in Deutschland an unserem Schulalltag und Privatleben teil haben und sich persönliche Highlights unserer Heimat zeigen lassen. Im Umkehrschluss teilten sie all diese Eindrücke dann 2024 bei unserem Besuch in Italien mit uns.
Direkt auffällig war auf jeden Fall das Stichwort „Digitalisierung“. Während in Deutschland Tablets an den allermeisten Schulen schon zum Alltag gehören und die analog arbeitenende Schülerschaft deutlich überwiegt, ist es in Italien genau das Gegenteil. Aufgeteilt in Gruppen nahmen wir am Klassenunterricht teik und konnten dabei feststellen, dass Tablets in Italien kaum bis gar nicht benutzt werden. Hier arbeiten die meisten Schüler/innen immer noch mit Schulheften und schreiben per Hand, statt einfach zu tippen. Das Problem, dass Schüler langsam schreiben, da sie viel ihr Tablet benutzen, scheint es unseren Beobachtungen zufolge nicht zu geben. Doch kann dadurch der Umgang mit digitalen Endgeräten wahrscheinlich auch nicht so gut erprobt werden, wie bei Schülern, die sich mit der Technik und Programmen schon länger auseinandersetzen.
Und auch in der Länge der Laufbahn der einzelnen Schulformen gibt es Unterschiede. Die Einschulung erfolgt in beiden Ländern normalerweise im Alter von sechs Jahren. Doch während man in Deutschland normalerweise 4 Jahre in der Grundschule und 5-6 Jahre in der Sekundarstufe I verbringt, sind es in Italien 5 Jahre in der Grundschule und 3 Jahre in der Sekundarstufe I. Dies gibt den jungen Schülern die Möglichkeit, sich mehr Zeit in ihrer Entwicklung als Heranwachsende zu lassen. Soziale Kontakte können sich wohlmöglich sogar tiefgreifender entwickeln, da man mehr Zeit miteinander verbringt, bevor der Wechsel in die Sekundarstufe I diese Verbindungen oftmals trennt. Andererseits kann man sich im deutschen Schulsystem vielleicht sogar früher und somit besser an die Umstellung gewöhnen.
Nachdem die Sekundarstufe I nun abgeschlossen ist, kann man sich in Deutschland sowie Italien für eine Berufsausbildung entscheiden oder eine weitere schulische Bildung in der Sekundarstufe II anstreben. In jedem Fall ist man in beiden Ländern bis zum 18. Lebensjahr schulpflichtig.
In Deutschland gestaltet sich die mit dem Abitur verbundene Prüfung so, dass man über mehrere Stunden hinweg umfangreiche Klausuren in den Abiturfächeren schreibt. In Italien haben wir dann gelernt, dass die Abiturprüfung dort mündlich erfolgt und eine Beschreibung eines zugewiesenen Themas aus Sicht aller Abiturfächer enthält. Ein Beispiel dessen wäre, eine Karikatur aus historischen, künstlerischen und wirtschaftlichen Aspekten zu erläutern.
Ob nun in Italien oder in Deutschland – in beiden Ländern legt man Wert auf sprachliche Vielfalt. Englisch ist – als Weltsprache – bei beiden verständlicherweise die erste Fremdsprache, die mit dem Grundschulalter erlernt wird. Dann folgt die Zweitsprache. In Deutschland meistens Latein, Französisch oder Spanisch. In Italien zum Beispiel Deutsch oder Spanisch.
So auch bei unseren Austauschschüler/innen, die sich beste Mühe gegeben haben, mit ihren Deutschkenntnissen zu glänzen. Unerwähnt bleiben soll aber auch nicht ihr ausgesprochen positiv ausgeprägtes Sozialverhalten. Sowohl unsere Gastfamilien, als auch unsere Austauschschüler haben uns wirklich wärmstens empfangen und immer miteinbezogen. Platz für Diskriminierung oder Ausgrenzung gab es keinen. Im Gegenteil – ging es jemandem mal nicht so gut, erhielt man starken Rückhalt.
Für alle von uns war es definitiv ein einzigartiges Erlebnis. Zumal man nicht alle Tage nach Italien kommt, besonders, wenn man aus einfacheren Verhältnissen stammt. Die Sehenswürdigkeiten stellten tolle Fotomotive, Austausch- und Lernmöglichkeiten dar. Es wurde ebenfalls viel gelacht und erzählt, was ohne Zweifel auch nach dem Austausch in WhatsApp Nachrichten oder Videocalls weitergeführt werden wird.
Ich selbst bin dankbar für die Erfahrung und hatte sehr viel Spaß. Jedem, der die Möglichkeit hat, würde ich ans Herz legen, die Chance eines Schüleraustauschs zu ergreifen.