Wie geht eine Gesellschaft mit ihren schwächsten und schutzbedürftigsten Mitgliedern um? Werden sie integriert und wertgeschätzt oder isoliert und weggesperrt? Der Umgang mit behinderten Menschen und das Selbstverständnis im Zusammenleben mit ihnen sagt viel aus über die Entwicklung und den wirklichen Fortschritt einer Gesellschaft. Auf unserer Reise nach Moskau haben wir sie nicht getroffen: Menschen mit Behinderungen. Aber wo und wie leben sie in Russland? Eine Fotostrecke der in Russland lebenden kasachische Fotografin Anastasia Rudenko zeigt eine versteckte und ganz andere Welt, die viele Russen nicht kennen und auch nicht wahrhaben möchten. Wir dürfen die Fotos mit ihrer Genehmigung auf Standpunkt veröffentlichen.
In ihrer Fotostrecke „Paradise“ porträtiert die Fotografin Anastasia Rudenko das Leben behinderter Menschen in einem kleinen Dorf namens Elatma. Viele Behinderte in Russland leben auf dem Land, in Heimen und von ihren Familien getrennt.
Rund 300 Kilometer östlich von Moskau liegt das Dorf Elatma. Hier wurden im Zweiten Weltkrieg mehrere Waisenheime gebaut und heute sind dort behinderte Menschen jeden Alters untergebracht. Isoliert vom gesellschaftlichen Leben verbringen die meisten ihr ganzes Leben dort.
„Paradise“ zeigt alles andere als das schöne Landleben, denn das Leben von Menschen mit Handicap in Russland ist menschenrechtsverletzend. Die scheinbar romantischen und melancholischen Fotografien berühren mehr als eine dramatische Kameraperspektive oder schockierende Motive bewegen könnten.
Fast 30 Prozent aller Kinder mit Behinderung in Russland leben in staatlichen Waisenhäusern, wo sie unter Umständen Gewalt erfahren und vernachlässigt werden, so Human Rights Watch in einem veröffentlichten Bericht. Der Bericht von Human Rights Watch zeigt auf, dass viele behinderte Kinder und Jugendliche in staatlichen Waisenhäusern Opfer von schwerem Missbrauch und Vernachlässigung durch das Personal wurden. In Interviews berichteten einige Kinder, vom Personal des Waisenhauses geschlagen, mit Betäubungsmitteln ruhig gestellt worden und für eine bestimmte Zeit sogar in psychiatrische Kliniken gebracht worden zu sein. Die Kinder sollten damit kontrolliert und bestraft werden. (Quelle: Human Rights Watch)
Weitere Fotostrecken von Anastasia Rudenko