Fynn Kliemann und sein Kliemannsland – Utopie oder Realität?
Fynn Kliemann ein deutscher Mediengestalter, wurde 2015 durch seinen eigenen YouTube-Kanal bekannt, auf dem er Heimwerkervideos hochgeladen hat. Gerade durch seinen Humor, die Art der Videogestaltung und seine häufigen Missgeschicke bekam Kliemann schnell viele Anhänger und erlangte einen hohen Bekanntheitsgrad. Fynn Kliemann ist ebenfalls Inhaber und Gesellschafter von verschiedenen Unternehmen, aus den Bereichen Film- und Musikproduktion, Programmierung, Handel und Immobilien. Er ist Webdesigner, Musiker und einer der bekanntesten deutschen YouTube-Stars. Kliemann hat außerdem in das Hanf-Startup Sanity Group investiert.
2016 erwarb Kliemann zusammen mit Hauke Gerdes (ein ehemaliger Mitarbeiter von Rocket Beans TV) einen alten Bauernhof in Rüspel, den er zum „Projekt Kliemannsland“ umbenannte. Der Werbesender Rocket Beans unterstütze das Projekt anfangs, bis das „Kliemannsland“ später von Funk, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF für 14- bis 29-Jährige, unterstützt wurde. Der YouTube-Kanal hat rund 644.000 Abonnenten. Funkt hat bis zum 31. Juli 2020 die Kliemannsland-Videos mit produziert.
Das Kliemannsland
Das Kliemannsland, ein weitläufiger Hof in Rüspel, wurde von Fynn Kliemann als eine fiktive Monarchie, mit ihm als „Heimwerkerkönig“ und laut den Macher:innen selbst als der „erste, beste und freiste Interaktiv-Staat der Welt“ erklärt. Im Kliemannsland ist Platz für Spinner:innen, Visionär:innen, Freigeister und Freischaffende. Das Ziel des Kliemannslands, ist es einen ganz besonderen Ort zu erschaffen. Laut der Website: „Einen Ort voll mit bunten Kuriositäten, die den Alltag ein bisschen schöner machen, Projekte, die Menschen zusammenbringen und langfristig verbinden. Einen Ort, an dem du dich wohlfühlst und der zum Verweilen einlädt. Ein Ort für alle!“. Das Kliemannsland ist ein Ort für Heimwerker:innen, wo die kuriosesten Projekte umgesetzt werden, wo man träumen darf und sich selbst verwirklicht. Ein Ort für Groß und Klein, wo jeder willkommen ist und man den Alltag vergisst, weil man das tut, worin man leidenschaftlich ist und Spaß hat.
Das Kliemannsland zu beschreiben ist laut den Macher:innen selbst nicht leicht, denn letztendlich geht es darum, es selbst mal miterlebt zu haben.
Das Kliemannsland beinhaltet ein Atelier für Kreative, einen Marktstall wo Veranstaltungen stattfinden können, den Dübel eine „Kneipe, Café, Bistro, alles in einem“, einen Innenhof, einen großen Veranstaltungssaal und eine Kurswerkstatt für „Schrauber, Bastler, Tüftler und alle die es noch werden wollen“, alles in allem ist dieses Kliemannsland, ein Ort an dem gefühlt alles möglich ist. Auf dem YouTube-Kanal werden regelmäßig Videos hochgeladen, die im Kliemannsland entstehen und das Land hat sogar seinen eigenen Shop in dem man von Hoodies bis zu Zollstöcken, einiges an Merchandise käuflich erwerben kann.
2017 gewann das Kliemannsland sogar den deutschen Webvideopreis in der Kategorie „Lifestyle“, sowie den Studio Hamburg Nachwuchspreis in der Kategorie „Bestes Entertainment“.
Der YouTube-Kanal „Kliemannsland“ veröffentlicht regelmäßig Videos über Musik, Gartenarbeit, das Dorfleben dort oder auch verschiedene Bauprojekte. Das Kliemannsland organisierte auch regelmäßige Veranstaltungen, wie Konzerte, Flohmärkte, Weihnachtsmärkte oder Liveprogramme in Kooperation mit dem NDR und Funk.
Seit 2016 vertreibt Kliemann Kleidung für Musiker in seinem eigenen Onlineshop „oderso.cool“. Er arbeitet mit der Textilmanufaktur Global Tactics zusammen, welche die Kleidungsstücke produzieren, an diesem Unternehmen beteiligte sich Kliemann auch.
Im Frühjahr 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie produzierte Global Tactics nachhaltige und in Europa (Portugal und Serbien) produzierte Alltagsmasken. Diese Masken gingen in großen Teilen an Großunternehmen, wie Pflege- und Medizinischeeinrichtungen, aber auch beispielsweise an den WDR, den 1. FC St. Pauli oder SeaWatch. Die Masken wurden über Kliemanns eigenen Onlineshop und auch über About You verkauft. Bei Instagram versprach er damals, „fair produzierte, wiederverwendbare Mundbedeckungen aus Europa“ zu verkaufen, mit denen er ganz nebenbei „Arbeitsplätze bei unserem Produzenten in Europa“ retten würde. Dafür wurde er 2020 sogar mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.
Öffentlichkeitswirksam spendete die beiden sogar rund 100.000 Masken an Geflüchtete in Lesbos und Bosnien.
Betrugsvorwürfe: Die mögliche Maskenaffäre.
Soll das alles wirklich gelogen sein?
Was wohl nie erwähnt wurde ist die Tatsache, dass es sich bei diesen Masken, um eine mangelhafte Ware mit verringertem Infektionsschutz handelt. Die Masken wurden laut den Recherchen vom ZDF Magazin Royal nicht in Europa hergestellt, sondern in Bangladesch und Vietnam produziert, diese sollten dann umdeklariert werden. Damit man den Fair-Trade-Schein wahrt und damit der Deal mit „About You“ nicht platzt. Kurz gesagt: Fynn Kliemann und sein Geschäftspartner Tom Illbruck haben Masken verkauft, die als „fair und in Europa“ deklariert, allerdings nicht in Europa und unter ausbeuterischen Verhältnissen hergestellt wurden. Dem ZDF Magazin Royal liegen Textnachrichten, Exceltabellen, E-Mails und Lieferscheine vor, die eine ziemlich eindeutige Sprache sprechen.
Circa 2,3 Millionen Masken soll „Global Tactics“ laut Jan Böhmermann und seinem Team in Asien in Auftrag gegeben haben und das für 45 Cent pro Stück. Verkauft wurden sie anschließend an die eben genannten Großkunden allerdings für 98 Cent bei einer Abnahme von 100 Masken. Für Kliemann und Illbruck würde schon allein das, einen Gewinn von rund einer Million Euro bedeuten. „Es geht im Leben nicht nur um Reichtum. Das war mir schon immer extrem egal. Ich habe andere Werte. Uns ging es darum, möglichst vielen Menschen zu helfen, die gerade dringend Hilfe brauchen.“, sagte Fynn Kliemann auf Instagram.
Aus mehreren internen E-Mails und WhatsApp-Nachrichten geht hervor, dass die 100.000 Masken, die an die Flüchtlingscamps gingen, fehlerhaft waren. Für den Verkauf in Deutschland nicht brauchbar, aber gut genug für Geflüchtete?
Wer letztendlich all das Jan Böhmermann und seinem Team gesagt hat, ist unklar. Doch sicherlich jemand aus den engsten Kreisen vom Heimwerkerhelden. Die ganze Geschichte mit den Quellen kann man auch nachlesen, denn das ZDF Magazin Royal hat extra eine Website eingerichtet: LMAAFK.de
Die Konsequenzen bekamen Kliemann nach und nach zuspüren. Nicht nur, dass seine Fans über Social Media gerade ihrer Wut und Enttäuschung Raum geben. Für Kliemann bedeuten die Vorwürfe auch die Beendigung vieler Kooperationen: die Tafel Deutschland stoppte die Zusammenarbeit, sowie About You, der FC St. Pauli, der Energieversorger EWE, Viva con Agua und da werden sicherlich noch einige folgen. Fynn Kliemann wurde auch der Deutsche Nachhaltigkeitspreis 2020 aberkannt.
In seinem Instagramstatement und Exklusiv-Interviews räumt Kliemann ein, dass er ein „falsches Bild“ in der Öffentlichkeit als „Weltverbesserer“ abgegeben hat und die Enttäuschung verstehen kann. Mit dem viel zitierten Satz „Krise kann auch geil sein“ führen die Vorwürfe gegen ihn ad absurdum. Die Staatsanwaltschaft Rotenburg hat die Ermittlungen aufgenommen und mit Fynn Kliemann stürzt eine Heldenfigur, die nicht tiefer hätte fallen können.