Entdeckt!

Foto: U.Lua

Wallraf-Richartz-Museum Köln, 2. Februar 2022. Zwanzig Schülerinnen und Schüler der EF der Gesamtschule Hardt stehen nach einem ersten Abenteuer mit der Deutschen Bahn und diversen Kurzsprints mit deutlicher Verspätung im Foyer des Museums und entledigen sich ihrer Jacken und Taschen. Hier beginnt auch gleich die Führung, die die Jugendlichen nicht nur auf eine Reise durch die Geschichte der Malerei, sondern gleich auch durch die Geschichte des Museums nehmen wird,denn: „Wieviel Kunst habt ihr so zu Hause im Wohnzimmer hängen? Mehr als 150 Bilder braucht es nicht, um sich als Stifter einen Namen zu machen.“ Uff – 150 Bilder? „Tja, Herr Wallraf war wohl, was man heute einen Messi nennen würde …“

Mit dem Lastenaufzug, dessen Dimensionen eigens für den Transport großer Bildformate ausgelegt ist, geht es in den dritten Stock, von wo ein Blick auf die Schildergasse zu den Worten der sympathischen Leiterin der „Expedition“ für einen kurzen Moment das mittelalterliche Köln lebendig werden lässt, in dem nur der Maler oder „Schilderer“ Stefan Lochner namentlich bekannt war und Bestechungssummen gezahlt wurden, um seine Bilder betrachten zu können.

Die wandfüllende Vergrößerung eines Kuperstiches schließlich leitet über zum eigentlichen Thema unseres Besuchs. Dargestellt ist der fingierte Blick in das Atelier – die Werkstatt – eines Malers. Ein vielfiguriges Ensemble (spontane Assoziation der Lehrerin: „Stationenlernen“) rund um den Werkstattbesitzer kehrt, reibt Farbe an, zeichnet nach toten und lebendigen Vorlagen, während der Maler selbst im Zentrum an einer Darstellung des „Heiligen Georg mit dem Drachen“ malt. Lehrlinge beginnen im Alter von sieben Jahren, und lernen dann auch nichts anderes mehr – kein Wunder also, dass sie so gut malen und zeichnen können. Erleichterung bei den Schülerinnen und Schülern. Im Übrigen ein reiner Männerberuf, auch wenn die Gemälde zweier Schwestern zunächst das Gegenteil zu belegen scheinen. Das eine, ein Selbstporträt, zeigt ein Mädchen vor der Staffelei in genau dem Kleid, das auch ihre Schwester auf dem anderen Bild trägt. Erklärung? In einem Gemälde ist alles, wirklich alles, geplant und gewollt, und natürlich ließ man sich nur malen, um besonders gut (und reich und wichtig) auszusehen. Da brauchte ein Maler eben auch gute Beziehungen zum Schneider und zum Goldschmied, um entsprechend Kleider und Schmuck ausleihen zu können …

So grundsätzlich informiert arbeiten wir uns unter kundiger und unterhaltsamer Führung durch die verschiedenen Malgründe Holz, Leinwand, Kupfer und Kalksinter, Grundierungen und Goldgrund, Punzierungen und Blattgold, ehe die erste Infrarotreflektografie zeigt, was nichtinvasive wissenschaftliche Methoden heute über Entwurf und Malprozess mitteilen können. Und das ist – verblüffend.

Wenn Caspar David Friedrichs Vorzeichnung einer Eiche bis in den letzten kleinen Ast dem fertigen Ölbild entspricht, bei Max Liebermann dagegen zwei Figuren – eine Wäscherin ganz prominent im Vordergrund sowie eine weitere Figur am rechten Bildrand – im fertigen Bild einfach verschwunden sind, wenn man die Punktierung der Leinwandgrundierung infolge der Übertragung des Motivs mittels einer Schablone immer noch erkennen kann, dann ist das „sehr interessant“, „lehrreich“, „inspirierend“ und „beeindruckend“. Fazit der Schülerinnen und Schüler: „Unfertige Bilder sollten häufiger ausgestellt werden!“

Der anschließende Workshop zum Thema „Linie lernen“ sieht die Jugendlichen dann selbst am Werk, mitten in der Sammlung des Museums. Hier sprechen die Fotos für sich.

Foto: U. Lua

Fazit der Autorin: Tolle Ausstellung, toller Trupp, tolle Expedition!

Einen herzlichen Dank an das Museum und seine Mitarbeiter. Nur das Fahren mit der deutschen Bahn ließe sich noch optimieren …

Ulrike Lua