So viel mehr als ein Fußballspiel
– Eine Kolumne von Marie Sophie Neumann.
Am Mittwoch, dem 11. Mai 2022 war die ukrainische Nationalmannschaft zu Gast im Borussia Park. Auf dem Weg zum Stadion sah man schon einige ukrainische Kennzeichen und umso näher man zum Stadion kam vermehrten sich die Farben blau-gelb, egal ob auf Trikots, Fahnen, Jacken, Kappen oder Blumen im Haar. Je näher man der Eintrittskontrolle kam, umso stärker spürte man die Vorfreude auf das Spiel, das freundschaftliche Miteinander und eine familiäre Volksfeststimmung, es ließ ein wenig an die Stimmung zur Frauen-WM 2011 erinnern. Man sah viele Familien und Kinder, die einfach begeistert waren, ein wenig Normalität wiederzubekommen. Ich erinnere mich noch, dass einige Kinder begeistert Fotos vor den Polizeiautos machten.
Die Solidarität stand für alle im Vordergrund.
Mehr als 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauer schwenkten zu Beginn der Partie blau-gelbe Fahnen und hielten Banner in die Luft. Gemeinsam mit den Spielern setzte der Borussia Park ein eindeutiges Zeichen an Russland: „Ihr müsste den Angriffskrieg sofort stoppen!“.
Im Mittelkreis lag zu Beginn des Spiels ein großes Banner, mit der Aufschrift „Stop War“ und der Boxweltmeister Wladimir Klitschko schickte einige Grußworte aus Kiew „Ich kann heute keine Partei für eine Mannschaft ergreifen, denn beide spielen für uns“, sagte er. Für die ukrainische Nationalmannschaft war es das erste Spiel nach Beginn des Krieges.
Für Gladbach war die Zusage des Spiels eine Selbstverständlichkeit. „Wir sind noch mitten im Spielbetrieb, aber daran war kein Gedanke“, sagte Geschäftsführer Stephan Schippers: „Wir tun alles, was wir tun können. Dieser Krieg ist unvorstellbar und verabscheuungswürdig. Wir wollen dem ukrainischen Fußball eine Plattform bieten.“.
Nach der Videobotschaft aus Kiew wurde die ukrainische Nationalhymne gesungen, ein unglaublich emotionaler Moment, selbst Menschen die den Text nicht kannten summten mit. Viele Fans hatten Tränen in den Augen, sodass man einander Taschentücher reichte.
Das Spiel wurde angepfiffen, immer wieder sangen die ukrainischen Fans „Ukraina, Unkraina,…!“, pure Gänsehaut-Momente. „Die Atmosphäre und die Willkommens-Atmosphäre sind wirklich toll, gerade nach dem ersten Spiel der ukrainischen Nationalmannschaft, am 79. Tag des Krieges.“, sagte der siebzehnjährige Tomi.
In der Halbzeitpause gab man einander Getränke aus und wechselte ein paar Worte miteinander. Die Solidarität war immens groß, sodass selbst einige Ukrainer:innen positiv überrascht waren. Auch wenn Borussia Mönchengladbach nach Abpfiff der Ukraine 1:2 unterlag, ging es letztendlich nicht um das Ergebnis. Es war ein emotionales und symbolträchtiges Benefizspiel, alle Einnahmen des Abends werden an die Menschen in der Ukraine gespendet.
Rund 20.000 Zuschauer besuchten das Spiel und es kam eine Gesamt-Spendensumme von 132.000 Euro erzielt, welche der Ukraine zugutekommen. „Darüber hinaus hatte ProSieben im Rahmen der Live-Übertragung des Spiels zu Spenden an das Bündnis deutscher Hilfsorganisationen „Aktion Deutschland Hilft“ aufgerufen, sodass an diesem Abend insgesamt 642.745 Euro gesammelt werden konnten.“, schrieb Borussia auf ihrer Website.
Ein Dank erreichte Borussia im Nachhinein auch in Form eines Briefes des ukrainischen Fußballverbands. „Wir spüren jeden Tag die Solidarität und Unterstützung der Fußballgemeinde in der ganzen Welt“, schreibt Generalsekretär Yuriy Zapisotskiy und führt fort: „Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, uns dafür zu bedanken, dass Borussia es trotz des engen Zeitplans am Saisonende möglich gemacht hat, das Freundschaftsspiel durchzuführen. Es war wichtig, zum einen für die ukrainische Nationalmannschaft als auf die Vorbereitung auf die WM-Playoffs, zum anderen im Hinblick auf das Spendensammeln für wohltätige Zwecke. Wir glauben fest daran, dass die Ukraine diesen Kampf gewinnen wird und wir bald die internationale Fußballfamilie wieder in unserem schönen Land treffen werden.“, heißt es weiter auf der Borussen-Website.
Es war ein friedliches Fußballfest, bei dem es umso viel mehr als Fußball ging. Für alle die dabei waren ein wirklich einzigartiger Abend. „Wir haben gewonnen, juuuuhuuu! Es ist ein ganz besonderer Tag, dass wir hier gut und gesund sein dürfen!“, sagte die achtjährige Katja nach Abpfiff.