Als man am 1. Januar 2002 ein erstes und letztes Mal mit D-Mark und Euro bezahlen konnte, war auch im hintersten Winkel Deutschlands das Thema Europa angekommen. Vor 15 Jahren haben sich Jugendliche in Deutschland noch eher als Europäer, und weniger als Deutsche beschrieben. Die heutigen Jugendlichen haben eine ganz andere Einstellung zu Europa.
„Typisch deutsch“ war damals für Jugendliche uncool. Deutschland war für sie spießig und kleinkariert. Europa hingegen war Zukunft, Fortschritt und modernes Denken. Die Welt stand auf einmal gefühlt offen. Der Neugierde auf andere Kulturen, Sprachen und Wirtschaftsräume waren keine Grenzen gesetzt.
Im Vordergrund stand – anders als für die Eltern damals – nicht mehr so sehr die Vermeidung von Krieg und Konflikten innerhalb Europas, sondern viel mehr das kulturelle Zusammenleben.
Wenn man Jugendliche heute fragt, wie sich Europa anfühlt, dann ist Europa ein Lebensort und weniger eine Ideologie. Europa, das ist für diejenigen, die darin selbstverständlich hinein geboren sind, einfach Realität. Sie können sich nicht mehr an die D-Mark erinnern und Wartezeiten an der Grenzen oder Geldwechselschalter. Sie verbinden mit Europa eher die Euro-Krise, Griechenland, Flüchtlingsthematik, Jugendarbeitslosigkeit und Brexit. Kein Wunder also, dass diese Generation verunsichert ist vom europäischen Gedanken.
Europa ist nicht mehr in
Ein Blick in die Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2002 bestätigt, dass unter den befragten damals 12- bis 25-Jährigen noch über die Hälfte der Jugendlichen einen europäischer Gesamtstaat eine wünschenswerte Zukunftsperspektive fanden. 62 Prozent aller Befragten hatten damals sogar angegeben, dass Europa unter Jugendlichen „in“ sei.
Laut Shell-Jugendstudie ist das heute anders. Zu beobachten ist eine allgemeine Zurückhaltung der Gesamtbevölkerung gegenüber Europa und die spiegelt sich eben auch in der Jugend wieder. Die Europakrisen mit ihren Sorgen sind auch von den Jugendlichen wahrgenommen worden.
Die Politik fürchtet eine Generation junger Leute, die mit Europa nur noch Krisen, Arbeitslosigkeit und Schulden und nicht mehr Frieden, Solidarität und kulturelles Zusammenwachsen verbinden. Mit Austauschprojekten und gemeinsamen europäischen Aktivitäten wird viel daran gearbeitet, dass die Vorteile des europäischen Gedankens lebendig bleiben und Europas wieder attraktiver für junge Menschen wird. Es soll wieder als gemeinsamer Kulturraum mit Perspektiven von der jungen Generation wahrgenommen werden
Europa ist eben mehr als nur eine gemeinsame Währung oder, dass man einfach überall hinfahren kann.
Die eigene Kultur behalten, dies ist dabei vielen jungen Menschen trotzdem wichtig. In der Umfrage des Bankenverbands geben nur noch acht Prozent der Jugendlichen an, sich als Europäer zu fühlen. 35 Prozent sehen sich als Deutsche und Europäer. Die Mehrheit aber mit 56 Prozent fühlt sich in erster Linie deutsch. Für Jugendforscher ist darin zu erkennen, dass sich die Menschen wieder mehr in Richtung Nationalstaat orientieren. Insgesamt ist die junge Generation aber europafreundlicher als die ältere – nur weniger euphorisch.
Aber wie kann man nun dieser Generation die europäische Idee vermitteln?
Um Jugendliche für Europa zu interessieren, müssen klare Vorteile kommuniziert werden und nicht nur Politikerrhetorik oder Werbeslogans. Konkrete Themen, die auch Jugendliche in ihrem Lebensraum beschäftigen wie IT-Sicherheit, internationale Studienabschlüsse, Reisefreiheit und Auslandserfahrung werden heute von den meisten Jugendlichen als größter Vorteil der europäischen Einigung genannt.
Die Jungen von heute sind eher pragmatisch als ideologisch. Ihre zwiespältige Einstellung gegenüber Europa hat auch was mit ihrem Realitätsbezug zu tun.
Und hier können vielleicht beide Generationen voneinander lernen: mit der richtigen Mischung aus Pragmatismus und Idealismus das Thema Europa „updaten“. Denn es lohnt sich immer wieder, von jungen Menschen Tendenzen aufzunehmen und auch von ihnen zu lernen. Das setzt aber ein Ernstnehmen, Zuhören und Aufeinanderzugehen ohne Vorwürfe und Vorurteile voraus.
Lust auf mehr Infos: http://www.bpb.de/apuz/29387/jugend-in-europa
Anlass unseres Themas war die Einladung von Europaminister Franz-Josef Lersch-Mense zum Netzwerktreffen „Pressefreiheit in Europa“ für Schülerzeitungsredakteurinnen und Schülerzeitungsredakteure aus NRW-Europaschulen am 1. Dezember.
Unter der Moderation von Jürgen Hein (Abteilungsleiter Europa, Internationale Angelegenheiten und Eine-Welt-Politik in der Staatskanzlei NRW) konnten wir über Netzkodex, digitale Zivilcourage, Freiheit der Recherche, Freiheit der Veröffentlichung und Freiheit der Mediennutzung diskutieren. Durch die Referenten und Journalismus-Stipendiaten der Heinz-Kühn-Stiftung konnten diese Themen aus von außereuropäischer Seite betrachtet werden.
Die Antworten auf Fragen wie Was treibt sie besonders an? oder Erkennen sie ihre Meinung in ihren Beiträgen? zeigte den Anspruch und die Leidenschaft, mit der junge Journalisten sich für heute für diesen Beruf entschieden.
„Manchmal ist es nicht angemessen nur als Beobachter zu schreiben.“, „Man muss als Journalist seinen Wissensvorsprung mit guter Recherche in die Klärung verschiedener Perspektiven einsetzen.“, „Ich möchte mit meiner Arbeit auch Minderheiten ein Ohr geben.“ oder „Journalisten sollten eine Haltung zum Thema zeigen können aber nicht Meinungsmache betreiben.“, sind nur wenige Antworten, in einem interessanten Gespräch.
Spannend wurde dann die Fragerunde zu und über Europa im Europa-Ausschusses des Landtags mit Markus Töns, Stefan Engstfeld, Ilka von Boeslager und Ingo Wolf.
Auf unsere Frage: „Wie können junge Schülerzeitungsredakteure bei ihren Mitschülern Interesse für Europa und politische Arbeit wecken?“ kam die Antwort: „Interessante Frage – aber was wollen denn die Jugendlichen?“ Vielleicht ist unser Beitrag eine Antwort auf unsere eigene Frage….