Das JHQ als Festivalgelände zu benutzen löst bei vielen große Begeisterungsstürme aus. Es stößt aber auch auf Zweifler, denn hier stoßen viele Interessen aufeinander. Nicht nur der kulturelle Aspekt steht im Vordergrund, auch Wirtschaft, Politik und Musikindustrie spielen dabei eine entscheidende Rolle. Wie kann das einvernehmlich realisiert werden, welche Hürden müssen noch genommen werden und wie können dabei eigene Festivals wie z.B. das HORST konkurrenzlos bleiben?
80.000 Rocker im ehemaligen Militärgelände, umgeben von Feldern, Wald und Wiesen. Diese könnten die Geisterstadt wieder füllen aber auch ein Stück Natur vom Dornröschenschlaf zum Alptraum erwecken.
Auch wenn für viele schon gefühlt feststeht – Rock am Ring wird bald in Mönchengladbach stattfinden, so steht eigentlich noch gar nichts fest, denn die Auflagen sind hoch, die noch erfüllt werden müssen. Das bedeutet nicht nur Klärungsbedarf mit der Stadt, sondern in erster Linie mit dem Bund, denn er ist Grundstückseigentümer.
Denn obwohl Marek Lieberberg das JHQ für die beste zur Auswahl stehende Location für sein Festival hält, hat die Stadt seinen Antrag noch nicht bestätigt. Schon seit Monaten wird diskutiert und verhandelt. Jedoch steht der Zustimmung durch die Stadt noch einiges im Weg, Auflagen müssen erfüllt werden.
Lärmbelästigung der umliegenden Dörfer ist dabei die größte Sorge der Verantwortlichen.
Das Festival würde die vorgeschriebene Dezibelzahl weit überschreiten, sodass Lieberberg eine Sondergenehmigung für die Verwirklichung seines Projekts bräuchte, wodurch die Dezibelzahl bis zu voraussichtlich 14 Tage im Jahr überschritten werden dürfte. Und auch wenn das Festival nur ein Mal im Jahr für wenige Tage stattfände, so muss doch bedacht werden, dass durch Proben, Vorbereitungen und früher anreisende oder später abreisende Zuschauer diese Anzahl an Tagen überschritten werden könnte, so die Konversationsbeauftragte der Stadt Mönchengladbach.
Außerdem wird über den Schutz der Asylanten diskutiert, die voraussichtlich bald in Teile des JHQ‘s einziehen. Rassistische Festivalbesucher sind nicht auszuschließen, sodass es zu Übergriffen auf die Asylanten kommen könnte.
Auch der Schutz der umliegenden Fläche ist der Stadt wichtig. Besonders die leerstehenden Häuser und Sportanlagen werden trotz ständiger Bewachung durch Vandalismus zerstört. Allerdings ist es kaum möglich die 400 Hektar große Anlage komplett zu schützen. Wie soll das also möglich sein, wenn sich dazu bald 80.000 Menschen dort zum Rocken versammeln? Würde Lieberberg sein Festival im JHQ feiern, müsste er für den Schutz der Asylanten und Häuser sorgen.
All diese Probleme halten die Stadt momentan noch davon ab, den Antrag zu befürworten. Trotz monatelanger Diskussionen hat die Stadt den Antrag noch nicht abgelehnt, was zeigt, dass auch von ihrer Seite Interesse besteht. Aber die Stadt kann gar nicht alleine entscheiden, denn sie muss mit dem Bunde als Grundstückseigentümer eine lange Pachtzeit sichern, damit das Festival auch Zukunft hat.
Die Mönchengladbacher sind begeistert von der Idee. Die eigens für die Umsiedlung des Festivals gegründete Facebook Seite hat mittlerweile über 30.000 Likes und es werden stetig mehr. (www.facebook.com/)
Auch die Politik fängt an, in dem Festival Vorteile für die Stadt zu sehen und unterstützt Marek Lieberberg in seinem Vorhaben.
Dieser freut sich sehr über das positive Feedback und hat zu einer Veranstaltung im Hockeypark eingeladen (10. Juni, 16 Uhr), bei der er zusammen mit Michael Hilgers, der auch ein Festival im JHQ plante, Fragen zu Rock am Ring beantworten möchte.
Ob diese große PR Aktion zum Rock am Ring im JHQ es schafft, den Druck auf die Entscheider bei fast aussichtslosen Auflagen mit einer gigantischen Sympathiewelle zu erhöhen, weiß man nicht. Dennoch sind in diesem Zusammenhang die Anregungen von Michael Hilgers (Betreiber des Hockeypark), durch Veränderungen der Auflagen im Bereich Verkehr, Sicherheit, Lärm- und Naturschutz das Festival im JHQ möglich zu machen, auch sehr kritisch zu sehen. Denn 96 Stunden Dauerbeschallung, tonnenweise Müll und durchpflügte Naherholungsgebiete stehen einem renommierten Festival mit großartigen Musikern, ausgelassener Stimmung und zusätzlichen Lastzügen Ware für die angrenzenden Supermärkte gegenüber.
Zur Infoveranstaltung am 10. Juni kann jeder, der an der Idee des Festivals interessiert ist, kommen, seine Fragen, Begeisterung aber auch Bedenken äußern. Wie wirkt sich z.B. Deutschlands größtes Festival auf die Attraktivität unserer lokalen Festivals wie das HORST aus? Werden die Gladbacher vergleichen und auswählen? Mit Rock im JHQ würde die Stadt einen kommerziellen Festival, das sich mit hohen Eintrittsgeldern teure Bands leisten kann, einer Festivalinitiative zum Nulltarif des gemeinnützigen Vereins schon Konkurrenz machen. Wie weit verdrängt der kommerzielle Musikmarkt mit seinen Megaevents eigene Nonprofit Festivals und Initiativen in der Stadt?
Es bewegt sich viel – aber in aller Euphorie sollten auch die Konsequenzen bei den Verhandlungsführern sachlich und verantwortlich zum Wohle der Bürger verhandelt werden und nicht allein die marktwirtschaftlichen Gewinne vordergründig sein.