GESELLSCHAFT, OUT NOW

Das Pro und Contra in der Debatte um die Digitalisierung in Schulen.

Digitalisierung in Schulen – Was sind die Risiken, was die Chancen beim Lernen mit digitalen Medien? Wovon profitieren Schülerinnen und Schüler und mit welchen Nebenwirkungen muss man rechnen? 

Die Informationstechnologie entwickelt sich fortlaufend in allen Bereichen unseres Lebens. Das betrifft auch den Einsatz von digitalen Medien an Schulen. Der schnellen informationstechnologischen Fortschritte und Veränderungen sind eine Herausforderung für sinnvolle, langfristig angelegte Lernkonzepte. Oft wird kurzfristig und unvorbereitet in digitale Medien investiert und man stellt erst in der Praxis fest, ob die Investition sinnvoll war oder besser konzeptionell hätte durchdacht werden müssen.

Illustration Eva Thiele EF

„Unser Gehirn befindet sich in einem fortwährenden Veränderungsprozess, und daraus folgt zwingend, dass der tägliche Umgang mit digitalen Medien eines nicht haben kann: keine Auswirkungen auf uns, die Nutzer“. (Spitzer 2012) 

Das Zitat des umstrittenen Neurowissenschaftlers macht deutlich, welchem schnellen technischen Wandel Schülerinnen und Schüler ausgesetzt sind und wieviel Einfluss digitale Medien auf ihre Lernsituation haben. Digitalisierung ermöglicht zwar neue Perspektiven und Herangehensweisen an Aufgabenstellungen, macht aber durch die Vielzahl an Möglichkeiten die Vor- und Nachbereitung komplexer und aufwändiger.

Die Schülerinnen und Schüler werden heute schon sehr früh mit digitalen Medien konfrontiert und entdecken eher intrisisch motiviert die Funktionsweisen von informationstechnischen Geräten und digitalen Tools oder Plattformen im Internet. Leider wird der Umgang mit digitalen Medien nicht im Klassenzimmer erlernt, sondern im Freundeskreis oder auf dem Pausenhof. 

Das Problem hierbei ist, dass die Geräte des Erstkontaktes oft Unterhaltungs- oder Kommunikationselektronik Geräte sind, von denen sich die Schülerinnen und Schüler nur schwer wieder trennen. Die Vermittlung des richtigen Umgangs damit findet kaum oder gar nicht statt. Viele Elternhäuser können dies nicht vorbildhaft und sinnvoll zeigen und darum müsste an Schulen die Medienkompetenz wie andere Kompetenzen selbstverständlich vermittelt werden. 

Illustration: Moritz Weiler EF

PRO // Vorteile digitaler Medien im Unterricht:

  • wichtige Grundausbildung beim Arbeiten mit digitalen Medien
  • flexible Anpassung der Unterrichtsmaterialien
  • grafische Veranschaulichung (komplexer) Lerninhalte (bspw. durch 3D-Animationen)
  • individuelle Lerninhalte durch Lern-Apps
  • besserer Überblick zu Lernfortschritten einzelner Lernenden
  • verbesserte, gezieltere Förderung durch die Lehrenden
  • Informationsrecherche im Internet
  • höhere Spontanität bei Arbeitsblättern und Informationsmaterial

In einem modernen Klassenzimmer findet die altbewährte Tafel ebenso ihren Platz wie der Bildschirm für eine drahtlose Bildübertragung. So können Lehrerinnen und Lehrer situativ entscheiden, ob sie analog oder digital, im Frontalunterricht oder in Gruppen arbeiten möchten. Digitale Medien lassen vielfältige Möglichkeiten des Unterrichtens zu und können es bereichern. Wichtig ist nur, dass Lehrende hierfür offen sind und sich den dadurch entstehenden Aufgaben annehmen.

Herausfordernd für Schulen und Lehrende ist allerdings die Umsetzung dieser Möglichkeiten. Die Länder haben mit neuen Bildungsplänen bereits eine Richtung in die Digitalisierung der Schulen vorgegeben, wobei die Schulämter trotz des Digitalpaktes des Bundes noch zurückhaltend reagieren. Aus dem 5 Milliarden Euro Fördertopf wurden bis Januar 2020 lediglich 20 Millionen Euro ausgegeben. Das zurückhaltende Verhalten ist darauf zurück zu führen, dass es noch an speziell ausgearbeiteten Medienentwicklungsplänen der Schulen fehlt. Ein vernünftiges Konzept ist aber grundlegend für eine konkrete Bestellung. Der Kauf von Tablets für Schülerinnen und Schüler oder Bildschirmen für Klassenräume allein verbessert die Lernsituation nicht.Lehrerinnen und Lehrer beklagen die Auswirkungen negativer Aspekte der digitalen Mediennutzung in ihrem täglichen Unterricht. Mangelnde Aufmerksamkeit, Suchtverhalten und Mobbing sind nur einige der Beobachtungen, die ein falscher Konsum digitaler Medien nach sich ziehen kann.

Problematisch ist, dass die Geräte, die sich in einigen Bereichen sehr gut in den Unterricht einbinden lassen, auch Plattformen wie Social Media oder Spiele zulassen, die die Schülerinnen und Schüler ablenken und sie am Lernen hindern. Immer wieder muss der Unterrichtende eingreifen, zurechtweisen und alternative analoge Bearbeitungsmethoden anbieten. Das kann einiges an Unterrichtszeit kosten. Auch der reibungslose technische Medieneinsatz im Unterricht ist für viele Lehrkräfte noch nicht stabil und zuverlässig genug. Für Themen wie Service und Wartung in den Schulen gibt es nicht ausreichend Unterstützung und Personal, sodass im Falle eines Ausfalls wieder doppelt oder unvorbereitet auf analoge Medien zurückgegriffen werden muss.

Illustration: Moritz Weiler EF

Contra// Nachteile digitaler Medien im Unterricht:

  • Gefahr das Wissen „auszulagern“ (Warum soll ich es lernen, wenn ich es doch jeder Zeit nachschauen kann?)
  • Teure Geräte, die sich nicht jede Familie leisten kann
  • Wartung der digitalen Endgeräte meist nicht vorhanden
  • Weniger direkter persönlicher Kontakt
  • Zu wenig in digitalen Medien ausgebildete Lehrkräfte

Eine gewaltige Aufgabe für die Politik wird es sein, den digitalen Wandel an den Schulen zu bewältigen. Da jedes Bundesland seine eigene Bildungspolitik betreibt, wird es wohl auch keine auf Bundesebene einheitliche Ausstattung und Einsatzmöglichkeit der digitalen Medien geben. Eine große Gefahr besteht für Bundesländer, die finanziell schlecht aufgestellt sind. Die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen sind dann die Leidtragenden, denn sie müssen auf moderne Lerntechnik verzichten und werden im nationalen, aber auch internationalen Vergleich abgehängt. 

Digitale Medien verändern den Unterricht.

Der Unterricht wird sich in Zukunft radikal durch die digitalen Medien verändern. Die unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien können z.B. beim Einsatz von Lernsoftware auch die individuellen Lernpersönlichkeiten und heterogenen Leistungsstärken optimaler berücksichtigen. Notwendig ist aber eine einheitliche Grundinfrastruktur an digitalen Medien an den Schulen. In Fächern wie Mathematik oder Physik wird es 3D Programme geben, die es der Schülerin und dem Schüler durch die graphische Darstellung abstrakter Inhalte erleichtert, diese zu visualisieren und zu verstehen. So können Schülerinnen und Schüler mit einer weniger ausgeprägten räumlichen Vorstellung besser erreicht werden.

Auch die Gruppenarbeit lässt sich durch den Einsatz digitaler Medien neu gestalten. Hier können Lerntreffen außerhalb der Schule digital stattfinden und gemeinsame Informationen und Material über Clouds oder ähnliche Plattformen einfach ausgetauscht werden. Damit Schulen auch in Zukunft ein Ort sind, an dem Schülerinnen und Schüler gerne und erfolgreich lernen, muss die Einbindung digitaler Medien und ihr Ausbau an Schulen ernst genommen werden. Nur so können junge Generationen im internationalen Bildungswettbewerb bestehen und sind für ihre Zukunft vorbereitet.

Eine große Chance bietet sich durch den Digitalpakt Schule, der im Jahr 2019 vom deutschen Bundestag beschlossen wurde. Diese Gelder, die vom Bund dank einer Grundgesetzänderung den Ländern zur Verfügung gestellt werden, können aktuell bis 2024 abgerufen werden. Die Länder haben darauf bereits reagiert und entsprechende Bildungspläne ausgearbeitet. Nun fehlt es aber an Know-how und IT-Fachleuten, die kommunalen Schulträgern, Lehrerinnen und Lehrern zur Seite stehen und sie dahingehend beraten, welchen technischen Bedarf sie auf Basis ihrer Bildungspläne und Medienkonzepte benötigen, um die Gelder abrufen zu können.

Nicht zu vernachlässigen sind in dem Zusammenhang auch die Risiken beim Arbeiten mit digitalen Medien, wenn digitale Medien unreflektiert und ohne Konzept eingesetzt werden. Die langfristigen gesellschaftlichen Folgen lassen sich kaum abschätzen.

Infos zum Debattierwettbewerb am 14. Dezember an der Gesamtschule Hardt:

Der Debattierwettbewerb #mitreden, ein Projekt von der Rheinischen Post und Evonik. „Jugendliche haben etwas zu sagen, Jugendliche haben Ideen, Jugendliche wollen #mitreden.
„Unser Wettbewerb richtet sich an die Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe. Wir möchten aber auch die Lehrkräfte als Verantwortliche der betroffenen Schulen in der Region Düsseldorf/Neuss, am Niederrhein und im Bergischen Land (Verbreitungsgebiet der Rheinischen Post) dafür begeistern. Unter den Bewerbungen sucht dann unsere Redaktion gemeinsam mit dem Partner Evonik Industries, einem der bedeutendsten Chemiekonzerne Deutschlands, die acht besten Schulen aus. Dort soll der erste Rede-Wettstreit ausgetragen werden, in dem zwei oder vier Teams gegeneinander antreten.“ Mehr Infos zum Wettbewerb hier.

Am Dienstag, den 14.12.2021 von 12 bis 13 Uhr werden im Selbstlernzentrum der Gesamtschule Hardt zwei Teams á zwei Schüler zum Thema „Digitale Schule MG“ mit der Frage „Sollte Schulunterricht in Zukunft verstärkt mit digitalen Mitteln stattfinden?“ gegeneinander debattieren.
Es gibt ein Pro-Team, welches aus Jonas Horsch und Marie Sophie Neumann besteht und ein Kontra-Team mit Sinan Schuler und Lara Mund.
Als Expertin, die in das Thema einführt ist Susanne Feldges vom Digitalverein NextMG von der RP eingeladen worden. Außerdem wird es eine Jury geben, die aus dem RP-Politikchef Dr. Martin Kessler, Lilli Stegner (RP-Redaktion) und Andrea Dimitrova (Evonik) besteht.
Es wird ein Publikum von maximal 30 Oberstufenschülern geben. Liane Schnock wird als betreuende Lehrerin die Veranstaltung begleiten und die Debatte einleiten.

Quellen: schulministerium.de, bpb.de, schultech.de, deutsches-schulportal.de, handelsblatt.de, rp-online.de