UNTERHALTUNG

Kampf mit Worten

Foto: Sven-Sebastian Kajak (Wikimedia Commons)

Mit Sonnenbrille, Mütze und Kapuzenpulli holte Sido rund 1500 Fans während der 1Live-Nacht mit alten und neuen Songs in der Red Box in Mönchengladbach ab. Insbesondere mit seinen alten Hits wie zum Beispiel „Bilder Im Kopf“ brachte der Rapper den Saal zum kochen. Die gleichnamige Single ist die mit Abstand erfolgreichste in Sidos Karriere. Eingängiger Radiosound, eingängige Texte – das mögen sogar Mama und Papa. Ist der Rap spießig geworden? Was ist vom Ursprung übrig geblieben? Und wie passt das zusammen mit den aktuellen Diskussionen um die Grenzüberschreitungen und die Echopreisverleihung für die beiden Rapper Farid Bang und Kollegaa?

Tatsächlich entstand Rap in den 70er Jahren in New York um Gewalt entgegenzuwirken. Statt mit körperlicher Auseinandersetzung sollten Gegner ihre Probleme mit Worten klären. Aus blutigen Kämpfen sollte ein kreativer Wettstreit um die besten Zeilen werden.

Diesen Battle-Charakter hat Rap niemals verloren, aber das Ziel der Gewaltlosigkeit scheinbar schon.

Nicht nur mit im Zusammenhang mit der letzten ECHO Preisverleihung gerät der Gangsta-Rap, der zu den kommerziell erfolgreichsten Musiksparten zählt, wegen Gewaltverherrlichung und Aufruf zu kriminellem Verhalten immer wieder in der Kritik. Die beiden Rapper Farid Bang und Kollegah bekamen in diesem Jahr den begehrten deutschen Musikpreis Echo verliehen. Mit dieser Ehrung wissen die beiden, dass sie sich alles erlauben können und dennoch akzeptiert werden. Und ihr junges Millionenpublikum weiß es auch. Jedes Kind hat verstanden, dass man sogar geehrt wird, wenn man einen neuen Holocaust mit Songtexten wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ besingt. Wer sich als Gangster-Rapper inszenieren will, findet in Holocaust-Begrifflichkeiten die Möglichkeit, sich als Bad Boy zu präsentieren, der sich über gesellschaftliche Vereinbarungen hinwegsetzt.

Durch das Bespielen eigener Kanäle haben die Rapper eine blinde Gefolgschaft antrainiert und sind weder auf Musikkritiken noch auf Plattenfirmen angewiesen. Hier können sie ziemlich ungestört demagogisch auftreten – auch mit der Begründung: „Ich habe Recht. Sieht man doch, wie viele Leute mir folgen.“

Eines ist bei aller Diskussion, was wann antisemitisch ist, übrigens ganz sicher:

Die beiden Rapper haben dicke Arme, dicke Brieftaschen und wohl auch dicke Autos. Klein ausgeprägt, wenn überhaupt vorhanden, ist bei beiden dagegen das Verständnis für andere, für die genannten Linien, die selbst Rapper nicht übertreten sollten.

Allein Bildung und Aufklärung und Eltern, die den Dialog suchen und darauf hinweisen müssen, wenn andere beleidigt und ausgeschlossen werden, hilft gegen solche Verschwörungstheoretiker und gegen Antisemiten. Wichtig ist es aber auch, Klischee-Rappern keine große Bühne zu bieten.

In Mönchengladbach gibt es ein herausragendes Projekt, das Aufklärung bei Jugendlichen leistet:

Ein junges Team aus Studierenden und Schüler/-innen aus Mönchengladbach haben den gemeinnützigen Verein Teller ohne Rand e.V. gegründet und einen Kinofilm gegen Extremismus produziert, der von Jugendlichen für Jugendliche gemacht wurde. Nun suchen sie auf einer Crowdfunding-Plattform die finanzielle Unterstützung von vielen Menschen.

Vor drei Jahren wurde aus einer Idee ein Projekt. Seitdem arbeitet das junge Team ehrenamtlich an einer Gesellschaft, in der Rassismus keinen Platz hat – noch bevor es überhaupt entsteht.

Wie das funktioniert?

  • 1. Es werden Kinofilme mit sozialen Inhalten an Schulen gebracht.
  • 2. In Workshops reflektieren die Schüler/-innen eigenständig Themen wie etwa Rassismus & Diskriminierung.
  • 3. Die Schüler/innen erarbeiten Lösungsansätze gesellschaftlicher Herausforderungen.
  • 4. AfD, Pegida & Co? Soll in Zukunft gar nicht erst entstehen

ASYLAND – TOUR 2015 from COCKTAILFILMS on Vimeo.

Das Programm richtet sich gezielt an Schüler/-innen ab der 9. Klasse. Dass es die AfD, Pegida und Co gibt, können wir nicht verhindern. Dass sie Zulauf bekommen, schon.

Prävention ist unser Ziel. Und nach mittlerweile 3 Jahren zeigen sich erste Resultate: Jugendliche, die sich vorher nicht mit Themen wie Flucht, Rassismus & Diskriminierung beschäftigt haben, beginnen AG’s und soziale Projekte zu initiieren – Verantwortung in der eigenen Schule zu übernehmen.

In den vergangenen Jahren konnten bereits über 50.000 Schüler/-innen erreicht werden – vollkommen ehrenamtlich.

Die Meisten: Aus NRW und Umgebung. Doch Rassismus kann auch woanders entstehen. Daher soll im kommenden Schuljahr das Programm auf ganz Deutschland ausgeweitet und weitere 150.000 Jugendliche erreicht werden.

Auch Ihr könnt das Projekt unterstützen, jeder Cent und jede Hand zählt – bis zum 9. Mai könnt Ihr noch viel bewegen! Aufstehen und mitmachen!

www.asyland.de

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