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Der Nahostkonflikt – die Hintergründe der Gewalt.

Bei einem Überraschungsangriff haben militante Palästinenser seit Samstagmorgen vom Gazastreifen aus mehrere Tausend Raketen auf Israel abgefeuert. Die radikal-islamische Hamas ist für die Attacken verantwortlich. Es gibt viele Tote auf beiden Seiten.

Seit Jahrzehnten wird in den Nachrichten über den israelisch-palästinensischen Konflikt (auch Nahostkonflikt genannt) berichtet. Es geht um Siedlungsbau, Hauszerstörungen, Abriegelung des Gazastreifens, Attentate, Bombardierungen und Raketenangriffe. Doch die Situation hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert: Der sogenannte Oslo-Prozess hat keinen Frieden gebracht. 2008 hat es zum letzten Mal ernsthafte Verhandlungen zwischen beiden Seiten über eine Konfliktregelung gegeben, 2014 noch einmal zumindest indirekte Gespräche. Mit dem heutigen Angriff ist eine verhandelte Konfliktregelung in weite Ferne gerückt.

Um den Konflikt und die Eskalation zu verstehen, muss man die Ursachen und Hintergründe kennen. Wir möchten Euch mit dem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung einen Überblick über die Hintergründe zum aktuellen Konflikt zwischen Israel und Palästina geben.

Ein Gebiet mit besonderer Bedeutung.

Das Gebiet, das im Nahostkonflikt im Mittelpunkt steht, hat für Juden und Muslime, aber auch für Christen eine besondere geschichtliche und religiöse Bedeutung. Mehr als 1000 Jahre vor unserer Zeitrechnung siedelten Juden in dem Gebiet. Hier entwickelte sich die jüdische Religion. In Jerusalem stand der Tempel, der im Jahr 70 unserer Zeitrechnung von den Römern zerstört wurde. Die Juden wurden in viele Teile der Welt zerstreut (Diaspora). Das „gelobte Land“, wie die Region von vielen Juden bezeichnet wird, war im Judentum immer gegenwärtig als Teil der religiösen Traditionen.

Jüdische Einwanderer

Seit dem 16. Jahrhunderte gab es immer wieder Gruppen von jüdischen Einwanderern, die sich in Palästina, wie es damals hieß, niederließen. Am Ende des 19. Jahrhunderts entstand bei einigen Juden der Wunsch, in dem Gebiet einen eigenen Staat zu errichten. Dort lebten jedoch inzwischen viele nicht-jüdische Bewohnerinnen und Bewohner, vor allem Muslime, aber auch Christen. Viele von ihnen sprachen Arabisch. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen wegen verstärkter Ausgrenzung in anderen Ländern vermehrt jüdische Einwanderer in die Region. Die Spannungen zwischen der jüdischen und der arabischen Bevölkerung wuchsen. Großbritannien hatte nach dem Ersten Weltkrieg vom damaligen Völkerbund das Mandat, also den Auftrag erhalten, Palästina zu verwalten. Es genehmigte eine begrenzte Einwanderung. Wegen Vertreibungen in den 1930er Jahren und insbesondere wegen des Holocaust versuchten viele Juden nach Palästina zu fliehen.

Gründung des Staates Israel 1948

1947 beschlossen die Vereinten Nationen, das Gebiet zu teilen und jeweils einen Staat für die Juden und für die arabische Bevölkerung zu errichten. Die Juden riefen daraufhin 1948 ihren Staat Israel aus. Aber die arabische Bevölkerung und die arabischen Nachbarstaaten lehnten den Beschluss der Vereinten Nationen ab.

Der Konflikt seit 1948

1948 kam es zum ersten von mehreren israelisch-arabischen Kriegen. Über die Jahre entwickelte sich der Nahe Osten zu einem internationalen Krisenherd. Die Auseinandersetzungen zwischen den arabischen Staaten und Israel sind ein Teil dieses Nahostkonfliktes. Unter den großen Spannungen leiden die Menschen der Region.

So flohen beispielsweise viele arabische Anwohner während des Krieges von 1948 aus ihren Dörfern in die Nachbarstaaten, wo sie oftmals bis heute in Flüchtlingslagern leben. Viele Juden, die bis zur Gründung Israels in arabischen Ländern gelebt hatten, wurden von dort vertrieben und flohen nach Israel. 1964 wurde die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) gegründet. Sie kämpfte seitdem für die Errichtung eines eigenen Staates für die Palästinenser.

Ist eine Lösung des Konfliktes möglich?

Immer wieder gab es Versuche, die Spannungen im Nahen Osten zu mindern. Verhandlungen wurden geführt, Verträge und Abkommen wurden geschlossen, aber bis heute konnte kein Frieden erzielt werden.

Sowohl in Israel wie in der palästinensischen Bevölkerung gab es gegen solche Vereinbarungen starken Widerstand. Von Palästinensern wurden immer wieder gewaltsame Anschläge verübt, die israelische Armee reagierte mit Militärschlägen. Opfer gab es auf beiden Seiten. Bis heute wird um eine Lösung des Konfliktes gerungen.

Der Kern des Problems

Im Kern geht es um folgendes Problem: Die Palästinenser fordern einen eigenen Staat, der Teile des heutigen Staates Israel umfasst. Die Israelis fordern die Anerkennung des Staates Israel.

Quelle: Gerd Schneider / Christiane Toyka-Seid: Das junge Politik-Lexikon von www.hanisauland.de, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2023 // Fotos: Dorothée Vollmer

Die Uno teilte 1947 das Gebiet. Die Juden gründeten in ihrem Teil Israel. Die Palästinenser bezeichnen dies als Tragödie. Diese Zweistaatenlösung wird bis heute als eine mögliche Lösung des Nahostkonflikts verfolgt. Dabei wird ein unabhängiger Staat Palästina neben dem Staat Israel westlich des Jordan angestrebt. Der Friedensprozess zwischen beiden Seiten bleibt bisher jedoch erfolglos.


Für Juden ist dieses Gebiet das Heilige Land mit Jerusalem als Zentrum. Für die Palästinenser ist das Gebiet ihre Heimat, aus der sie sich von den Juden vertrieben fühlen. Für Muslime aus der ganzen Welt ist das Gebiet heilig.


In mehreren Kriegen versuchten danach beide Seiten, Gebiete zurückzuerobern. Arabische Nachbarstaaten halfen den Palästinensern. Bis heute ist die Situation nicht geklärt und die Palästinenser haben immer noch keinen eigenen Staat. Für sie gibt es die sogenannten palästinensischen Autonomiegebiete, die sich zum einen im Westjordanland und zum anderen im Gazastreifen befinden.

Welche Bedeutung hat Jerusalem?

In der Altstadt Jerusalems stehen die Zeugnisse der Geschichte von drei Weltreligionen. Juden, Christen und Muslime leben in der Altstadt von Jerusalem zusammen. Hier stehen ihre Heiligtümer und das sorgt für große emotionale Spannungen.

Juden pilgern in die Stadt,

weil hier ihr erster Tempel errichtet wurde und die Klagemauer heute als der letzte erhaltene Teil dieses Tempels gilt.

Christen pilgern in die Stadt,


weil Jesus hier gepredigt hat und die Grabeskirche in der Altstadt für seine Kreuzigung und Bestattung steht.

Muslime pilgern in die Stadt,

weil sie die Al-Aqsa-Moschee und den Felsendom beherbergt, von dem Prophet Muhammad mit seinem geflügelten Pferd in den Himmel gereist sein soll. Das Gebäude steht auf dem Tempelberg – genau dem Ort, wo früher der jüdische Tempel stand.

Fotos: D.Vollmer

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