Nach dem Treffen des Koalitionsausschuss am Mittwochabend wird klar, die Ampelkoalition ist gescheitert – Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Finanzminister Christian Lindner von der FDP entlassen. Scholz tritt noch am Abend vor die Kamera und erklärt die Situation. Er äußert scharfe Kritik and Linder und der FDP, die nicht auf die von ihm vorgeschlagenen Kompromisse eingegangen seien. Der Bundeskanzler erklärt, dass er am 15.01. dem Bundestag die Vertrauensfrage stellen wolle, um dann den Weg für Neuwahlen frei zu machen. Bis dahin möchte er wichtige Gesetze durchbringen und wolle dafür unter anderem mit der Union zusammenarbeiten.
Auch Lindner tritt am Abend vor die Kamera. Er wirft Scholz einen kalkulierten Bruch der Koalition vor und erklärt, dass der Kanzler von ihm eine Aussetzungen der Schuldenbremse gefordert hatte. Darauf hätte er sich nicht einlassen könne, da dies seinen Amtseid verletze. Wirtschaftsminister Habeck und Außenministerin Baerbock haben sich in der Nacht ebenfalls geäußert. Die beiden Grünen-Politiker erklären, dass es mit der FDP keine gemeinsame Lösungen bezüglich der Schuldenbremse und der Unterstützung der Ukraine gegeben hätte. Sie versichern, weiterhin ihr Amt mit voller Kraft auszuführen und beteuern, dass es gerade nach den Wahlen in den USA wichtig sei, dass Deutschland und Europa Haltung zeigen.
Am Donnerstagmorgen treten die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Justizminister Marco Buschmann zurück, um ihrem Parteichef Rückendeckung zu geben. Der Verkehrsminister Volker Wissigen hatte sich zuvor für den Verbleib in der Ampelkoalition ausgesprochen und daher das Angebot des SPD Generalsekretärs im Amt zu bleiben angenommen. Er verlässt allerdings die FDP. Bundespräsident Steinmeier meldet sich ebenfalls zu Wort und fordert die Verantwortlichen auf Verantwortung und Vernunft zu zeigen. Er weist darauf hin, dass Deutschland durch seine Verfassung bestens auf einen Regierungsbruch vorbereitet sei. Am frühen Nachmittag überreicht er den drei FDP-Ministern ihre Entlassungsurkunden und dem neuen SPD Finanzminister Jörg Kakis seine Ernennungsurkunde. Außerdem ernannte er Volker Wissing zusätzlich zum Bundesjustizminister und den Agrarminister Cem Özdemir zum Bildungsminister.
SPD und Grüne bilden jetzt also übergangsweise eine Minderheitsregierung. Diese schätzen die Regierungsparteien selbst als weiterhin handlungsfähig eins. Eine andere Meinung hat die Opposition. Sie halten eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen für unfähig die aktuellen Krisen zu überwinden und fordern daher, dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage so schnell wie möglich stellt, damit Neuwahlen möglichst bald stattfinden können. Merz hat Scholz in einem kurzen Treffen im Kanzleramt seine Unterstützung zu gesichert, falls der Kanzler die Vertrauensfrage spätestens Ende nächster Woche stellt. SPD und Grüne bleiben allerdings der Meinung, dass Scholz die Vertrauensfrage im Januar stellen sollte, um einen geordneten Übergang schaffen zu können. Am Freitag zeigte Scholz sich bereit, über den Termin für mögliche Neuwahlen zu sprechen. Auch die Bundeswahlleiterin meldet sich jetzt in einem Schreiben an den Bundeskanzler zu Wort und erklärt, dass der 60-Tage-Zeitraum zwischen der Vertrauensfrage und Neuwahlen unbedingt ausgenutzt werden müsse. Außerdem weist sie drauf hin, dass ein Vorbereitungszeitraum über die Weihnachtstage in Kommunen, die in dieser Zeit personell meist nicht voll ausgelastet sind, zu Schwierigkeiten führen könne.
Bis jetzt ist also nicht klar, wann Scholz die Vertrauensfrage stellen wird und somit auch nicht, wann Neuwahlen stattfinden könnten. Während dies von den verschiedenen Parteien und der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird, blickt auch die internationale Politik auf die Geschehnisse in Deutschland. Vor dem Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Budapest sagt die EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, dass Europa ohne ein starkes Deutschland nicht stark sei. Der Wahlkampf hat ebenfalls begonnen. So wurde von Scholz, Linder und Habeck bereits das Interesse an einer weiteren Kanzlerkandidatur geäußert.